mëRZblatt 42

erschienen am 7. Juni 2000


Editorial

Sie sehen's auf der Titelseite: wir lassen uns nicht verdrießen! Im Gegenteil: das sieht nach einem fröhlichen Aufbruch aus, und das ist es auch.

Es ist ebenfalls auch ein Umbruch: Umstieg auf leichteres Fahrwerk, auf selbstbetriebenes. Das ist gesund und macht unabhängiger. Es macht auch gute Laune und ist gut für die Verdauung. Solch positive Auswirkungen können eierköpfige, mißratene Beiräte und deren beamtete Schweinzelmännchen im Ministerium mittels Subventionsstreichung auch erzielen: innehalten, Entschlackung, neue Überlegungen.

Außerdem: wir haben es ja nie fürs Geld getan, sondern für uns, für die Sache (wer kann das schon von sich behaupten!). Also haben "Die da" ohnehin nicht unser Zentrum treffen können, sondern uns nur ein bißchen wehgetan, Abschürfungen sozusagen beigebracht.

Aber aus der Not wird eben Tugend:

Wir arbeiten also weiter und gehen mit runderneuerter Freude in eine nächste Saison voller Überraschungen, die Sie mit Spannung erwarten dürfen: unser "Hitler" wird wiederauferstehen und seinen offenbar nicht endenwollenden Kampf weiterkämpfen, ein "Don Juan" als ultimatives Menetekel der Gottlosigkeit könnte sich blicken lassen, Installationen nach Stücken von "Miles Davis" wollen eingerichtet sein, Vorlesungen, Gedichtabende, fluxushafte Aktionen, Gespräche und Sambakurse könnten stattfinden. Und: "Die da" - ein Stück nach Witkiewicz über die globale und totale Verbananenrepublikisierung auf allen Ebenen. Politisches Theater schlechthin.

Wer weiß. Guter Geschmack jedenfalls. Was ja - immer noch- das Besondere darstellt.

Ein paar Worte noch zur laufenden Saison:

Das Saisonende setzen wir mit dem Liederabend " Die Fahrt ins Heu", dem Schauspielabschlußprojekt für Verena Weiß und Michael Labres.

Sicher ein freudiger, fröhlicher Abschluß.

Wir laden ein!

Willi Bernhart


Die Fahrt ins Heu

 "Es hatte ein Bauer ein schönes Weib, das blieb so gerne zuhaus, sie bat oft ihren lieben Mann, er sollte doch fahren hinaus - er sollte doch fahren ins Heu..."

 

Im Frühlingswinde
Der Freund des jungen Mädchens
Mit seinem Kurzschwert.
Issa
Sogar beim Lachen
Macht sich das Mädchen Sorgen

Um seine Linie.
Yokichi

 

ein Mann-Frau-Liedprogramm
von Willi Bernhart
mit Verena Weiss und Michael Labres

 

Reis' ich rundherum um diese Erde,
das macht niemals, daß ich glücklich werde,
darling oh, das geht nicht so...

Man kann heut viele tausend Meilen
in die fernsten Länder eilen,
doch darauf kommt es gar nicht an oh;
Norden, Süden, Osten oder Westen, für mich ist es dann am allerbesten, darling dann,
wenn ich bei dir sein kann.

Trad. / C.U. Blecher
Potz Deubelsdreck und Schwerebrett,
Ick jeh mit Jette Lück zu Bett.
Jette, komm in't Heu mit mich,
Sieben Kinder mach ik dich:
Willstu nich, denn willstu nich
Aber haben muß ich dich,
Denn mir puckerts fürchterlich,
Jette, komm ins Heu zu mich!
Margarete Beutler 

 

Es ist naheliegend, mit einer jungen Dame und einem jungen Herrn im Theater Liebeslieder einzustudieren. Die intimste Form des Dialoges zu erkunden und darzustellen.

Schlichte, schöne Lieder von Esther und Abi Ofarim und weiteren Interpreten aus den 60'ern dienen uns zur Entfaltung des geistigen und physischen Raums von Liebesverhältnissen.


Willkommen zu unserem Nachwuchs, dem wahrscheinlich besten der Welt!

 


P.S.: Die als Abschluß der offiziellen Studien - und Ausbildungszeit von Verena Weiß und Michael Labres geplante "Möwe" - Adaption mußte im Zuge der bekannten Wirren zumindest auf die nächste Spielzeit verschoben werden.


Gedicht zur Zeit

Schwer ist es, seinen Weg zu gehn
Ein Mahl war das, wer weiß wieviel wert!
In goldenen Bechern der teuerste Wein;
in jadenen Schüsseln nur Leckerbissen.
Da hab ich die Eßstäbchen hingeschmissen,
den Becher umgekehrt
und jäh aus der Scheide gerissen
mein Schwert.
Verdrossen blickte ich im Kreis umher -
und ich wußte, was mich stört:
Willst du den Huang-Ho überqueren? -
Der ist zugefroren -
Den Tai-Hang erklimmen? -
Im Schnee längst
alle Spuren verloren.
Angeln am Bach?
Dort hocken ganz still?
In die Hauptstadt fahrn,
wo dich keiner will?

Schwer ist es, seinen Weg zu gehn.
Schwer, seinen eignen Weg zu gehn.
Kreuzwege gibt es viel.
Und nirgendwo ein Weg zu sehn
und nirgendwo ein Ziel.
 
So ist auch für mich gekommen die Zeit,
zu trotzen allen Hindernissen
und Nöten ringsumher,
allen Stürmen und Wogen -
die Segel zu hissen
und hinauszufahren aufs endlose Meer.
Li Tai-peh


Österreich und seine Außenkulturpolitik

 

Die gerade stattfindende Rumänientour mit Gastvorstellungen in den bezeichneten Städten ist das letzte und aktuellste Beispiel dafür: zehn Jahre lang hat uns Österreich - die Kulturabteilung des Außenamts im speziellen - geholfen, als theatralischer Botschafter in aller Welt zu fungieren.
Wir haben wunderbare Reisen unternommen in Kuba und Brasilien, in Saus und Braus gelebt, Preise eingeheimst, vernichtende Kritiken ebenso, Ihre Exzellenzen die richtigen Botschafter kennengelernt, Schwarze in weißen Handschuhen haben uns bedient, Weiße sich über uns schwarz geärgert..
Rußland, Ukraine,Polen, Bulgarien, Rumänien...
Wir erwähnen die europäischen Länder gar nicht im einzelnen, wir kennen sie wie unsere eigene Westentasche. Ohne staatliche Hilfe wäre dieser Luxus nicht möglich gewesen: nochmals ein großes Danke also!
Und jetzt, in dieser für unser Land so schweren Zeit, jetzt, wo auch das Außenamt kaum Geld mehr hat, helfen wir unserer Heimat, unserem Österreich: unter Ausschöpfung aller Mittel, bei sparsamster Organisation, bei absoluter Konzentration aller Teilvorgänge aktivieren wir unser internationales Netz gerade in einem Augenblick, wo es nicht nur künstlerischen, sondern auch politischen Sinn macht.
Auf diese sehr improvisierte, vielleicht sogar spartanische Art werden wir in der nächsten Saison Gastspiele in Polen, England, Rußland und den USA absolvieren.
Wir haben diese Reisen - unter Einbeziehung privater finanzieller Mittel - so konzipiert, daß wir sie ohne Unterstützung seitens des Außen - oder Kulturministeriums tun können.
Es ist ja schließlich unser Problem - frei, nach einem bekannten Grazer Kulturpolitiker -, daß wir unsere Arbeit lieben somit auch unsere Gastspieltätigkeit, daß wir gut genug sind, um als "Kulturbotschafter" Österreichs und Grazens agieren zu können und daß wir keine Gewerkschaft oder sonstige Interessensverbände hinter uns haben, die für uns Mittel einfordern könnten.

 

If so - let's go!
We are from Austria!


Gastvorstellung des Theaters Vis

 

"DIE THEATERGRUPPE VON VIS"

"VISKA KAZALISNA DRUZINA"

 

...in dieser Komödie eingetreten, seien Sie gesund und fröhlich...

 

Die Theatergruppe von Vis wirkt bei der Kulturgesellschaft "VIS". Sie wurde unter Fachleitung von Lenko Blazevic anfangs 1996 gegründet. Mit der Komödie "Jetzt oder wer weiss wann" erneuert die Gruppe am 22. April 1996 nach mehr als 35 Jahren das Amateurtheater in Vis.

Die Meinung der Kritik am Rundtisch können wir so aussagen: ...qualitative Adaption der Vorlage, rustikales, ungezwungenes volkstümliches Spiel. Archaische Sprache - vollgetroffene Atmosphäre von Vie. Die Schauspieler unterhalten sich richtig gut. Die Dramaturgie und die Regie sind gut geschafft.

Die Theatergruppt hat inzwischen andere Komödien veranstaltet: "Mirandolina" (C.Goldoni), "Morski covik"(nach Motiven aus "Der Bär" von A.P.Cechov), "Da ni jubavi"(P. Slovinic) und andere. (unredigierter Originaltext aus Kroatien)

 
Sonnenuntertgang
Die Röte des Himmels
läßt Oasen erwachen
für den Nomaden der Liebe.
Giuseppe Ungaretti

Sad ili ko zno kad - Jetzt oder nie

ein Tschechow-Abend

nach Motiven von "Der Heiratsantrag" und "Jetzt oder nie"

in kroatischer Sprache


Dramaturgie: Sinisa Brajcic

Regie: Lenko Blazevic

mit Zdenko Karuza, Lina Blazevic, Sinisa Brajcic


am 16. und 17. Juni, jeweils um 21 Uhr